Eine Biografie zu schreiben ist eine Ehre!

Ehrentafel

04. Juli 2014

Wenn wir für Menschen eine Biografie schreiben (dürfen), dann ist das sehr viel mehr, als „nur“ ein Buch zu machen. Wir erzählen eine Lebensgeschichte, die oft spannender ist als ein Krimi und manchmal ergreifender als ein Melodram.

Wenn Prominente uns damit beauftragen, ihre Biografie zu schreiben, dann steht von vorne herein fest, dass es ein Buch mit kommerziellem Charakter wird. Sicher, bei dem ein oder anderen ist auch eine große Portion Herzblut dabei, aber die primären Ziele sind fast immer dieselben: Die Promi-Biografie soll zukünftige Leser über den Werdegang einer bekannten Person informieren und ihn gleichzeitig unterhalten. Damit schreiben wir ein Buch, das sich auch und vor allem gut vermarkten lässt. Das ist ganz legitim und mittlerweile ein fester Bestandteil des Buchmarktes. Wenn wir die Biografie von Privatleuten schreiben, ist das Motiv nur selten kommerziell. In den meisten Fällen geht es darum, dass jemand alles das, was ihm in seinem Leben widerfahren ist, erzählen und für die Nachwelt festhalten möchte. Dabei geht es oft um ganz persönliche, ja fast schon intime Dinge. Wenn wir die Biografie von Privatleuten schreiben (dürfen), kommen auch bei uns Ghostwritern oft „mixed emotions“, gemischte Gefühle auf. 

Das Motiv, eine Biografie zu schreiben, ist bei nicht prominenten Privatpersonen ganz unterschiedlich. In vielen Fällen geht es mit einer Vergangenheits-bewältigung einher. Menschen, die schlimme und traumatische Erlebnisse in ihrem Leben hatten, verarbeiten diese, in dem sie sie erzählen. Zunächst uns Ghostwritern, damit wir daraus die Biografie der Person schreiben. Einmal durfte ich die Lebensgeschichte eines Soldaten aus dem 2. Weltkrieg verfassen, der nach 1945 in russische Kriegsgefangenschaft kam. Als er davon erzählte, merkte ich sofort, dass er all die schlimmen Erlebnisse noch einmal durchlebte. Dass plötzliche Zittern seiner sehnigen, kräftigen Hände, das trotz seiner Fassung hörbare Wimmern in der markant-männlichen Stimme waren nur einige Anzeichen, wie sich der seriöse alte Herr in diesem Moment fühlen musste. Und da ich seine Biografie schreiben sollte, erzählte er mir die vielen schrecklichen Ereignisse in diesem russischen Lager.

Eine Möglichkeit, die Vergangenheit zu bewältigen

Ich hörte diese schlimmen Dinge und erinnere mich noch gut, wie der Kloß in meinem Hals immer dicker wurde. Kein Geschichtsunterricht, keine TV-Doku hätten authentischer sein können. Mein Kunde gab sich alle Mühe, die Fassung zu bewahren, aber das gelang ihm nicht immer. Und mir? Dem, der die Biografie dieses beeindruckenden Menschen zu schreiben, einem Ghostwriter, der schon viele Geschichten gehört hatte, gelang es ebenso wenig. Natürlich musste ich immer wieder nachfragen, den Finger immer wieder in die Wunde legen, die nach so vielen Jahren wieder auf klaffte. Am Ende geschah das, was die „heilende Wirkung“ ausmacht, wenn solche Menschen sich entschließen, ihre Biografie zu schreiben: Dieser beeindruckende Mann bedankte sich bei mir. Dafür, dass ich doch eigentlich nur meine Pflicht getan habe und er mir seine persönliche Lebensgeschichte erzählen durfte und endlich mit der Vergangenheit abschließen konnte. Das ist das Wunderbare daran, wenn wir eine Biografie schreiben dürfen.

Wenn wir Ghostwriter engagiert werden, um die Biografie eines Prominenten zu schreiben, dann ist das ein guter und auch lukrativer Job, den wir gewissenhaft und so gut wir können, ausführen. Machen wir aber aus der Lebensgeschichte eines Menschen, wie ich das gerade geschildert habe, ein gutes Buch, dann ist das mehr als nur ein Job. Dann spielt es nur eine untergeordnete Rolle, wie viel Honorar wir dafür bekommen. Eine solche Biografie schreiben zu dürfen, ist viel mehr als das. Es ist eine Ehre!


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